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Das Amt des Bischofs
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Bereits in den Paulusbriefen des neuen Testamentes werden drei Ämter genannt, die heute als «ein Weiheamt in drei Stufen» bezeichnet werden: Der Diakon, der Priester (presbyter) und der Bischof (episkopos). In der historischen Forschung ist allerdings umstritten, ob die damaligen griechischen Bezeichnungen schon voraussetzen, dass es sich dabei um drei verschiedene Ämter handelte - oder gar schon um «drei Stufen eines Weiheamtes».
Unbestritten ist, dass der Diakon bereits von Anfang an deutlich vom Leitungsamt der Priester, des Bischofs und des Apostel unterschieden wird. Die «Erfindung des Diakons» wird bereits in der Apostelgeschichte beschrieben und ordnet dem Diakon klar benannte Aufgaben zu: «Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben.» (Apg 6, 2-4) Auf den Gedanken, das Amt des Diakons einzuführen, kamen die Apostel demnach vor allem, weil die Griechen sich beschwerten, dass ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden. Der «Dienst an den Tischen» wird deshalb sowohl als Dienst an der Versorgung der Bedürftigen als auch als begrenzter Dienst bei der Eucharistiefeier verstanden. - Im Zusammenhang mit dem dreifachen Amt des Priesters (der Heiligung, der Verkündigung und der Leitung) wird der Diakon nicht genannt. Selbst in der Sakramentenspendung ist dem Diakon nur das möglich, was in Notfällen auch jedem Laien zukommt: Die Assistenz bei der Trauung und die Taufe.
Der Diakon ist also klar vom Priester unterschieden. In seiner geschichtlichen Entstehung ist er vom Priester her gedacht und übernimmt ein Teil seiner Aufgaben («den Dienst an den Tischen»). Gilt das auch für den Priester im Unterschied zum Bischof? - Es ist tatsächlich schwerer, den theologischen Unterschied zwischen Priester und Bischof auf den Punkt zu bringen und die Frage zu beantworten, wer wessen Dienste übernimmt.
Diese Diskussion beschäftigt die Kirche schon seit Jahrhunderten - wenn auch wenig öffentlich und kaum dramatisch. Dennoch kam immer wieder die Frage auf, ob der Priester nicht eigentlich die Vollform des Weiheamtes ist (so kann er ja durchaus auch die Firmung spenden, wenn er vom Bischof dazu beauftragt wurde. Gilt das eventuell auch für die Priesterweihe?). Ist also der Bischof nur ein «primus inter pares» (ein «Erster unter ansonsten Gleichen»)? Ist der Bischof nur der Leiter des Priesterkollegiums und damit mit besonderes Aufgaben und Diensten betraut, aber im Wesen nicht von den anderen Priestern unterschieden?
Oder, das wäre die andere Ansicht: Ist erst der Bischof die Vollform des Weiheamtes, an dem die Priester nur begrenzt Anteil haben? Das wäre in etwa wie das Verhältnis von Diakon und Priester (der Diakon hat einen Anteil an einzelnen priesterlichen Aufgaben). Dafür spricht, dass Priester grundsätzlich immer einem Bischof zugeordnet sind und von ihm ihre Rechte, Pflichten und Aufgaben empfangen.
Wie gesagt: Das ist zwar eine spannende Diskussion, die aber verblüffenderweise bislang kaum Sprengkraft entfaltete. Wie immer die Aufgaben eines Priesters oder eines Bischofs theologisch begründet werden - im Laufe der Geschichte haben sich die priesterlichen und bischöflichen Aufgaben so etabliert, dass dieser Frage kaum praktisches Gewicht zukam (von wenigen Ausnahmen abgesehen).
Die Gelassenheit, mit der die Frage nach der theologischen Unterscheidung zwischen Priester und Bischof bedacht wurde, scheint in der heutigen Zeit einer zunehmenden Kampfbereitschaft zu weichen. Wenn ein Bischof im Grunde nur ein Priester mit besonderen Aufgaben ist, dann braucht man ihm auch weniger Ehrfurcht entgegenzubringen. Und dann fällt mit der Relativierung des besonderen Priestertums im gleichen Augenblick auch das Bischofsamt. Ein besorgniserregender Aspekt der Kirchenkrise speziell in Deutschland.
Ein afrikanischer Priester, der vor einiger Zeit zu Besuch in Deutschland war (und dabei vorübergehend auch in meiner Pfarrei), meinte nämlich, dass das Problem der Kirche in Deutschland darin bestehe, dass jeder Pfarrer denke, er sei im Grunde ein Bischof. Und - das würde ich hinzufügen - die deutschen Pfarrer zudem ein sehr dürftiges Verständnis von der wahren Bedeutung des Bischofsamtes haben.
Wenn also das Wesen des Bischofsamtes nicht mehr klar ist, dann ist das nicht gut für das Verhältnis der Pfarreien und der Priester zu ihrem Bischof. Wenn der Bischof sogar selbst nicht mehr klar vor Augen haben sollte, worin das Eigentliche seiner Berufung liegt, dann leidet darunter das ganze Bistum. Und wenn die Gläubigen die spezielle Aufgabe des Bischofs nicht mehr erkennen, dann fragen sie sich zu recht, warum nicht alle Getauften am Bischofsamt teilhaben sollen.
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Auf der Suche nach dem, was den Bischof wesentlich vom Priester unterscheidet, kommen verschiedene «Eigenschaften» in Frage. Bei den folgenden Attributen, die traditionell nur dem Bischof zukommen, handelt es sich manchmal um reine Überlieferung, die auch jemand anderes übernehmen könnte (zum Beispiel die Erteilung des Nihil Obstat). Manches wurzelt zwar im Kern, ist aber dennoch nur eine äußerliche Erscheinung (wie zum Beispiel «Träger der Sukzession» zu sein). Solche eher vorläufige Annäherungen an den Kern des Bischofsamtes werde ich hier zwar auflisten, dann aber nicht weiter diskutieren.
In der Bibel werden sowohl Bischöfe (griechisch episkopos, d.h. Aufseher) als auch Priester (griechisch presbyter, d.h. Älteste) erwähnt - für die junge Kirche vor allem in den Paulus- und Petrus-Briefen und der Apostelgeschichte.
Dabei stehen die presbyter in keiner direkten Linie mit den Opferpriestern des Tempels, die eher sacerdotes (gr.: iereos) genannt werden. So wird zunächst nur Christus bezeichnet, der der einzige «Hohepriester» des neuen Bundes ist.
Wenig später werden aber auch die Bischöfe und die Presbyter als sacerdotes bezeichnet - vor allem dann, wenn sie die Eucharistie feiern und dadurch am Hohepriestertum Jesu teilhaben.
Im ersten Petrusbrief wird Jesus als «Hirt und Bischof eurer Seelen» bezeichnet (1 Petr 2, 25), am Ende des Petrusbriefes sollen auch die Presbyter «rechte Aufseher» (also bischöflich) sein. In der etwa gleichaltrigen Apostelgeschichte fordert Paulus die Priester von Ephesus in seiner Abschiedsrede auf, sie sollten achthaben auf die ganze Herde, in der der Heilige Geist sie als »Aufseher« (als »Bischöfe«) eingesetzt habe (Apg 5, 2).
Auch im Philipperbrief (Phil 1,1) spricht Paulus die «Aufseher» an und nennt sie episkopoi. Der Exeget Peter Pilhofer führt das darauf zurück, dass in der Gemeinde von Philippi die Amtsbezeichnungen eine größere Rolle spielen und deshalb als Übertragung des lateinischen procuratores («Aufseher» im staatlichen Gebrauch) für die Kirche übernommen wurden. Im Gegensatz dazu war in Ephesus - so Jakob Thiessen - der Gebrauch des Begriffes presbyteroi üblich, da der größere jüdische Anteil in der Gemeinde eher auf Distanz zur weltlichen Amtsbezeichnungen ging. Dennoch schreibt Polycarp in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts einen Brief an die Gemeinde in Philippi nur an die Ältesten und Diakone - und erwähnt keine Bischöfe. Für Ignatius dagegen scheint ein Bischof immer an der Spitze des Ältestenrates zu stehen (so im Brief von 108 n. Chr.)
Interessant ist auch der Vergleich der beiden Paulusbriefe an Timotheus (1 Tim 3,11ff) und Titus (Tit 1,5ff), in denen er über das Amt des Bischofs und dessen Anforderungen spricht. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Stellen identisch, sozusagen als Duplikate. Auf den zweiten Blick sind aber in der Gemeinde, in der Timotheus tätig war, Älteste und Aufseher bereits etabliert, während Titus von Paulus auf Kreta gelassen wird, um dort Älteste einzusetzen.
Wir können insgesamt davon ausgehen, dass frühchristliche Gemeinden von mehreren Priestern (presbyteroi) geleitet werden, in deren Mitte sich dann jeweils ein episkopos, also Aufseher bzw. Bischof befindet. Letztlich lässt sich aber aus dem biblischen Befund nicht erkennen, welcher theologischer oder sakramentaler Unterschied zwischen dem Bischof und den Priestern schon damals formuliert wurde. (Klar hervor tritt dagegen die Unterscheidung zwischen den Aufsehern und Priestern auf der einen Seite - und den Aposteln. Dazu mehr ganz am Ende dieser Katechese!)
Letztlich gehen alle in der katholischen Kirche geweihten Priester und Bischöfe davon aus, in einer ununterbrochenen Kette von Weihenden und Geweihten zu stehen, die letztlich bis auf die Apostel zurück geht. Diese Kette («Wer hat mich geweiht? Wer hat den geweiht, der mich geweiht hat?» - Und so weiter...) ist allerdings im Detail nicht vollständig überliefert - immerhin lässt sie sich bei den meisten Geweihten bis ins 12. Jahrhundert namentlich zurückverfolgen.
Diese Sukzession wird nur über den Bischof zurückverfolgt. Das dürfte aber keine eigene bischöfliche Eigenheit sein, sondern liegt daran, dass Bischöfe zwar Priester weihen, selber aber immer nur von anderen Bischöfen geweiht werden dürfen. Zur Sicherung der Sukzession geschieht eine Bischofsweihe immer durch drei bereits geweihte Bischöfe.
Einige Theologen glauben, dass auch eine Priesterweihe, die nicht durch einen Bischof, sondern lediglich durch einen Priester durchgeführt wurde, gültig sein könnte. Damit wäre dem Bischof zwar ein Alleinstellungsmerkmal genommen (das der gültigen Weihe von Priestern), aber nicht die Sukzession berührt. Denn die Ansicht, dass ein Priester auch die Fähigkeit hätte, Bischöfe zu weihen, ist so nie vertreten worden.
Neben dem Vorbehalt, dass nur Bischöfe das Weihesakrament spenden können, gibt es auch sogenannte Sakramentalien, die dem Bischof vorbehalten sind. So ist es nur dem Bischof erlaubt, Jungfrauen- und Witwenweihen entgegenzunehmen. Ebenso ist es die Aufgabe allein des Bischofs, Altäre und Kirchen zu weihen.
Zu den nicht-sakramentalen Aufgaben des Bischofs gehört auch die Weihe der «Heiligen Öle» am Morgen des Gründonnerstags. Zu den «Heiligen Ölen» gehört das Heilige Chrisam für die Taufe und Firmung, das Öl für die Krankensalbung und ein weiteres Öl für die Taufbewerber.
Zu den Aufgaben des Bischofs gehört es auch, dass er das gesamte Bildungswesen der Diözese im Blick hat und - wo es sinnvoll ist - Büchern, Schriften und Gebeten sein Nihil Obstat gewährt. Damit erklärt der Bischof die entsprechenden Druckerzeugnisse als grundsätzlich konform mit der katholischen Lehre. - Ein Nihil Obstat kann auch der Berufung von Lehrern, Professoren oder Leitern katholischen Einrichtungen gewährt oder verweigert werden. Wenn ein Nihil Obstat gewährt wird, dann immer nur durch einen Bischof, niemals durch einen Priester.
Ein Bischof, das ist sicher, übt das gleiche «dreifache Amt» aus, wie auch der Priester - aber auf andere Weise. Dieses dreifache Amt besteht in der sakramentalen Heiligung, der lehrmäßigen Verkündigung und der hierarchischen Leitung.
Im Unterschied zum Priester hat ein Bischof bei der Umsetzung dieses dreifachen Dienstes wiederum drei Aspekte besonders zu berücksichtigen:
Während der Priester Teil des «Presbyteriums» einer Diözese ist, ist der Bischof Teil des Bischofskollegiums. Das klingt so, als wenn es sich einfach nur um zwei unterschiedliche Ebenen handelt, die ansonsten aber die gleiche Funktion haben. Aber nur das Bischofskollegium ist Nachfolger des Apostelkollegiums, an deren Spitze zwar ein erster steht (Petrus, bzw. seine Nachfolger, die Päpste), die aber gemeinsam mit dem Papst die universale Kirche bilden und repräsentieren.
Joseph Ratzinger (der spätere Papst Benedikt XVI.) schreibt dazu: «In Kapitel 8 der Apostelgeschichte wird erzählt, dass Philippus die Menschen in Samaria zum Glauben an Christus bekehrte und sie taufte. Auf die Kunde von dieser Bekehrung hin sandten die Apostel den Petrus und Johannes dorthin. Durch Gebet und Handauflegung riefen sie den Heiligen Geist auf die Neuchristen herab, der noch über keinen von ihnen gekommen war; so erst wurden sie voll in die Kirche Jesu Christi eingegliedert (vgl. Apg 8, 5-17). Für Lukas geht es hier nicht um die sakramentenrechtliche Feststellung, dass der Diakon bloß taufen und einzig der Bischof firmen könne, sondern um etwas sehr viel Tieferes, in dem zugleich die spätere Einteilung in der Spendung der Sakramente gründet.
Zur Christwerdung der Samaritaner gehört (so will er sagen) ihre Einfügung in die ganze apostolische Kirche, ihre Verbindung mit dem Ganzen und besonders mit dem apostolischen Ursprung wie mit den bevollmächtigten Garanten dieses Ursprungs. Das bedeutet: Wie niemand für sich allein Christ sein kann, sondern nur zusammen mit den Anderen, mit der lebendigen Gemeinschaft der Glaubenden, so kann auch keine Gemeinde, keine Region für sich allein Kirche sein. Sie kann es nur durch die Öffnung ins Ganze hinein und durch die Einordnung in die apostolische Überlieferung, deren Garanten die Apostel und ihre Nachfolger sind. Mit den klassischen Worten des Credo ausgedrückt heißt das: Zur Kirche gehört notwendig sowohl die Katholizität wie die Apostolizität, die lebendige Einheit mit dem Ganzen, die sich in der Einheit der Amtsträger darstellt und verwirklicht. Kirche ist nicht nur hier, sondern auf der ganzen Erde; Kirche ist nicht nur heute, sondern gestern und morgen. Nur wo beides angenommen ist, die Einheit mit den Anderen, mit dem Ganzen und die Einheit mit denen, die vor uns glaubten, die Einheit mit der Kirche aller Zeiten, da ist wahrhaft Kirche gegeben.
Ausdruck und Garant dieses Zusammenhangs ist das Amt der Bischöfe. Sie verkörpern, mit dem Petrusnachfolger an der Spitze, die Einheit aller einzelnen Ortskirchen untereinander und mit dem apostolischen Beginn.»
Ein weiterer Unterschied kommt hinzu: Der Papst ernennt und leitet zwar das Bischofskollegium (vor allem, wenn es als Konzil zusammenkommt), aber er ist nicht so für die Bischöfe verantwortlich, wie es der Bischof für seine Priester ist.
Der Bischof einer Diözese ist nämlich nicht nur «Seelsorger der Priester», Hirte und Aufseher, sondern auch im rechtlichen Sinne verantwortlich für den Einsatz, die Versorgung und Betreuung der Priester seiner Diözese. «Ein Bischof muss sich besonders um die Priester kümmern, ihnen zuhören, sie als Berater einsetzen, dafür sorgen, dass sie in jeder Hinsicht angemessen versorgt sind, und ihre im Codex des Kirchenrechts verankerten Rechte verteidigen. (Cann. 381-402 CIC)» (wikipedia.org).
Das gilt weder für den Papst in Bezug auf seine bischöflichen Mitbrüder, noch für den Priester in seiner Funktion als Pfarrer. Der Bischof dagegen ist Zentrum der Priesterschaft einer Diözese.
Ein Bischof ist immer für alle Getauften in seinem Bistum zuständig, während Priester nur einer Pfarrgemeinde oder einem bestimmten Personenkreis zugeordnet werden kann. «Als Hirte der Diözese trägt er die Verantwortung für die Seelsorge aller Katholiken, die in seinem Zuständigkeitsbereich leben. Er ist verpflichtet, an jedem Sonntag und an den heiligen Pflichttagen die Messe zu feiern und für die ihm anvertrauten Gläubigen zu beten, die Kleriker für ihre Aufgaben in den verschiedenen Einrichtungen einzusetzen und die Finanzen zu überwachen.» Ein Bischof kann sich also von der Sorge für alle Getauften in seinem Bistum ebensowenig dispensieren wie von seiner doch recht umfassenden Zuständigkeit für sie. Ein Bischof ist demnach (wegen der größeren Reichweite seiner Verantwortung) eher zu politischen und gesellschaftlichen Stellungnahmen verpflichtet als ein Pfarrer.
Dem Bischof ist, wie gesagt, ähnlich dem Priester ein dreifaches Amt aufgegeben: das der Leitung, der Lehre und der Heiligung (durch die Sakramente). Und jedes Amt ist - ganz dem Gedanken der «umgekehrten Pyramide» verpflichtet - zunächst ein Dienst.
Der Bischof dient mit seinem Amt (mit Hilfe der Priester) seiner Ortskirche, dem Bistum. Indem er leitet, verhindert er Machtkämpfe; indem er lehrt, vermeidet er Glaubensverwirrung und indem er heiligt, stärkt er die Charismen im Bistum und die Wahrnehmung des allgemeinen Priestertum durch die Gläubigen.
Dazu empfehle ich die Katechesen zum »Priester - Das unbekannte Wesen» und zur Struktur der Kirche «Kirche 2.0». Ebenfalls hilfreich für das Verständnis ist die Darstellung der Gemeindetheologie in «Die Zukunft der Gemeinden».
Dieses dreifache Amt vollzieht er, indem er gleichzeitig die genannten drei Aspekte berücksichtigt: (A) Die Verbindung zur Weltkirche - (B) Die Verbindung zu seinen Priestern - (C) Die Verbindung zu allen Gläubigen seines Bistums.
Jeder Bischof ist verantwortlich für die Glaubenslehre, die in seinem Bistum verkündet wird. Das bringt natürlich einen gewissen Machtanspruch mit sich - wobei im Sinne der Botschaft Jesu hier besser von Vollmacht gesprochen werden sollte. Diese Verpflichtung ist ein unverzichtbarer Dienst. Und oft kein angenehmer.
Der Auftrag zur Lehre korrespondiert mit der Weihe des Bischofs (wie auch die anderen beiden Aufträge zur Leitung und Heiligung). Denn durch die Weihe wird ihm nicht nur der Beistand des Geistes zugesichert, sondern auch der Anspruch mitgegeben, nicht in seinem Sinne zu leiten und zu entscheiden, sondern sich ganz in den Auftrag Jesu zu stellen. Denn der wahre Hirte der Herde - der wahre Leiter der Ortskirche - ist und bleibt Christus.
Ein guter Lehrer erfindet keine Lehre, er findet sie vor. Ein guter Bischof lehrt, was wahr ist - aber er legt nicht selbst fest, was ihm als wahr erscheint. Er ist gebunden an die Einheit mit der Weltkirche (dem Bischofskollegium in Einheit mit dem Papst) und der Einheit durch die Zeiten hindurch mit dem apostolischen Beginn - also der den Apostel übertragenen Lehre Jesu. Die wahre Lehre ist der Kirche vorgegeben. Auch dem Bischof.
Das ist nicht immer einfach. Ein guter Bischof muss also auch einstecken können, wenn er bei der katholischen Wahrheit bleibt, obwohl seine Priester, seine Gläubigen und (oft zuerst) die Medien von ihm etwas anderes verlangen.
Der Bischof ist Lehrer als Nachfolger der Apostel und Teil des Apostelkollegiums. Das heißt, er empfängt seinen Auftrag zur Lehre nicht von den Priestern und Gläubigen, sondern - vermittelt durch die Apostel und deren Nachfolger - letztlich von Christus.
Ich kann schon verstehen, dass im Sinne der Gleichberechtigung von Mann und Frau (in der Lehre der Theologie und der Verkündigung) das Männern vorbehaltene Weiheamt ein Ärgernis ist. Aber bei näherem Hinsehen ist jeder Religionslehrer oder Theologieprofessor freier als ein Bischof. Diese beiden Aufgaben stehen den Frauen mehr als offen: Inzwischen gibt es mehr Frauen, die Religion unterrichten, als Männer. - Zudem ist die Vermittlung von Religiösität und Religionswissen immer noch eine Domäne der Familie, der Katechesen und geistlichen Gemeinschaften. Und damit von Männern und Frauen zu gleichen Teilen.
Deshalb verstehe ich die Behauptung nicht, dass Frauen in der Kirche keine Stimme hätten, solange sie nicht Priester und Bischöfe werden könnten. Das Gegenteil ist der Fall: Schon allein ein Blick auf das Priesteramt macht deutlich, dass jeder Laie sehr viel freier in der Verkündigung ist als ein Priester. Noch mehr gilt das für den Bischof: Wer wirklich endlich mal sagen möchte, was er oder sie so denkt, sollte dieses Amt tunlichst meiden.
Der Bischof ist natürlich nicht unmittelbar Lehrer aller Gläubigen, sondern er vertraut dabei auf seine Mitarbeiter: Lehrer, Katecheten und vor allem seiner Priester. Deshalb ist die Ausbildung (nicht nur) der Priester auch eine besondere Aufgabe der Bischöfe. Auch wenn es in vielen Bistümern keine eigenen Universitäten oder Hochschulen gibt, an denen die Priester und Lehrer Theologie studieren können: Jedes Bistum hat Seminare, Ausbildungsstätten, zumindest Schulen und Bildungseinrichtungen.
Wenn die Priesteramtskandidaten in anderen Bistümer studieren und dann auch dort wohnen, erschwert das natürlich die Verbindung zum eigenen Bischof. Gerade dann ist der Bischof in einem besonderen Maße dazu verpflichtet, sich um seine (zukünftigen) Priester zu bemühen. Eine gute Priesterausbildung ist eine persönliche Verpflichtung und sollte die Herzensangelegenheit eines jeden Bischofs sein.
Dem entspricht - spiegelbildlich - ein Brauch der frühen Kirche, bei dem ein neuer Bischof von seinem Bistum angenommen werden musste (und zwar durch «Akklamation», also per Zuruf). Bischof und Volk, aber noch mehr Priester und Bischof sollten einander annehmen. Das ist nicht zu verwechseln mit der Wahl des Bischofs durch das Bistum; denn die Annahme eines neuen Bischof war dem Volk und Klerus ebenso dringend ans Herz gelegt wie für den neuen Bischof die Annahme dieses Bistum, zu dessen Hirten der Papst ihn ernannt hat. Die Priester und Gläubigen waren ebenso angehalten, den neuen Bischof demütig zu akzeptieren, wie der Bischof angehalten ist, sich als Diener an den Gläubigen zu sehen.
Eine typisch spitzfindige Frage ist die nach dem Sonderfall: «Und was passiert, wenn sich Bischof und Bistum eben nicht gegenseitig akzeptieren? Hat dann der Bischof immer recht?!» - Wenn sich Bischof und Bistum, Hirt und Herde, Diener der Gläubigen und Diener an der Welt nicht einig sind und nicht einigen können, ja, nicht einigen wollen: Dann verlieren immer alle. Egal, wer recht hat.
Natürlich kann der Bischof nicht alle Getauften eines Bistum selbst lehren. Wenn er dabei auf die Hilfe von Laien und Priestern vertraut, sollte er sowohl die weltkirchliche Einbindung, aber auch seine persönliche Beziehung zu den Mitarbeitern im Blick behalten. Genauso wichtig ist darüberhinaus der «Aspekt C»: Dass er auch alle Getauften des Bistums in ihren unterschiedlichen sozialen Schichten, Berufen und Familiensituationen im Blick behält. Die Lehre der Kirche muss den Gefangen genauso nahe gebracht werden wie den Reichen; den sozial Schwachen genauso wie den Fernstehenden, den kritisch Fragenden ebenso wie den Konservativen, Frommen und kirchlich Nahestehenden. Das klingt einfacher als es ist - denn nicht selten stehen diese Gruppen sich gegenseitig im Wege oder «auf dem Kriegsfuß» miteinander. Ein Bischof, der sicherstellen will, dass die Frohe Botschaft alle erreicht, sollte große Kompetenzen im Versöhnen haben.
Wir kennen das Problem der nicht-wahrgenommenen Leitung aus allen Bereichen der Gesellschaft. Leitung, die übertragen, aber nicht umgesetzt wird, führt fast ausnahmslos zu einem Entscheidungsvakuum, das notwendig durch andere gefüllt wird - aber nicht immer im guten Sinne. Der Verzicht, Leitung wahrzunehmen, mag als selbstlos und demokratisch bemäntelt werden. Wer aber auf notwendige Leitung verzichtet, verweigert letztlich einen Dienst und öffnet den Kräften die Tore, die die stärksten Ellenbogen haben.
Zum Begriff der Leitung gehörte auch die juristische Komponente. Das dürfte wiederum eine Eigenheit des Bischofsamtes sein und nicht zu den priesterlichen Aufgaben gehören. Der Bischof hat für sein Bistum auch juristische Verantwortung, indem er sowohl für die «Diözese Gesetze erlassen und als Richter in kirchenrechtlichen Angelegenheiten auftreten (Cann. 386-387 CIC)» soll.
Wenn Leitung in einem guten Sinne wahrgenommen wird, dann werden dadurch die konkurrierenden Kräfte eingeordnet. Es wäre keine gute Leitung, auf niemand anderen zu hören; eine umsichtige Leitung wertet aber die diskutierten Ansichten nicht nach deren Durchsetzungspotential, sondern nach christlichem Maßstab: Inwieweit dient eine Lösung der Wahrheit, der Einheit und der Gerechtigkeit?
Eine ganz wichtige Aufgabe das Bistums ist es, die Leitung innerhalb der Diözese so wahrzunehmen, dass die Einheit mit der Weltkirche und dem Bischofskollegium (unter der Leitung des Papstes) gewahrt bleibt. Das bedeutet, dass der Bischof bemüht sein muss, die Balance zwischen örtlichen Eigenständigkeiten und gesamtkirchlichen Vorgaben zu bewahren. Der Ruf nach mehr Eigenständigkeit der jeweiligen Ortskirchen (wir erinnern uns: Die «Ortskirche» ist nicht die Pfarrei, sondern das Bistum) hat dort seine Berechtigung, wo es eine Freiheit gibt, die nicht die katholische Glaubenslehre, die allgemeine Moral und die Gültigkeit der Sakramente berührt. Diese Freiheit gewährt uns der Glaube - nicht der Bischof selbst. Auch nicht die Bischofskonferenz und schon gar nicht gesellschaftliche Entwicklungen.
Wenn es diese Freiheit zur lokalen Angleichung gibt, kann der Bischof sie nutzen, um auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren. Aber ob es diese Freiheit gibt, entscheidet er nicht selbst.
So ist die Neubewertung der Moral - vor allem der Sexualmoral der Kirche - keine Frage, die ein Ortsbischof der Weltkirche eigenständig entscheidet oder zur Klärung der Weltkirche vorlegen kann, um dann auf deren Entscheidung zu warten. Die Moral der Kirche ist genauso wie der Glaube der Kirche dem Amt des Bischofs vorgegeben. Seine Aufgabe ist es, den Glauben zu verkünden und die Moral den Gläubigen nahezubringen.
Es ist Aufgabe des Bischofs, das Priesterkollegium so zu leiten, dass es den Gläubigen dient und somit zu deren Dienst an der Heiligung der Welt befähigt. Mittlerweile entstehen hier Probleme, in dem die Gläubigen den Dienst der Priester ablehnen oder - noch schlimmer - ihren ureigensten Dienst an die Priester delegieren. («Sollen doch die Priester die Jugend erziehen, die Arbeiterfrage angehen oder die Ungläubigen bekehren!») In der Folge reichen dann viele Priester diese Aufgabe an ihre Bischöfe weiter und erwarten von ihnen, was sie selbst nicht zu leisten in der Lage sind; zum Beispiel die Katechese in schwierigen Fragen, die sie selbst nicht mehr verstehen.
Bevor nun die Bischöfe diese Aufgabe wiederum «nach Rom» weiterleiten, sollten sie sich zunächst selbst ihrer eigenen Pflicht erinnen und die Priester zum wahren Dienst an den Gläubigen befähigen, ermuntern und ermahnen. Die Bischöfe sich und ihre Priester darauf hinweisen, dass weder der Bischof noch der Priester «Herr des Glaubens» ist, sondern «Diener der Freude» für die Getauften (2 Kor 1,24). Man kann diese Umkehr als Neuevangelisierung bezeichnen, auch wenn dieser Begriff bei vielen Ängste auslöst. Letztlich ist es aber nicht dieses Wort, sondern das, was damit gemeint ist, das Mut erfordert: Sich wieder in die gesunde Hierarchie der Kirche einfügen und zum Dienst (durch Wahrheit und Demut) bereit sein. Eine Aufgabe nicht an die höhere Ebene abzuschieben, sondern selbst anzugehen, gelingt aber nur durch ein gesundes Vertrauen auf den Beistand des Heiligen Geistes.
Die Leitung eines Bistums ist ein Dienst, auf den sich wohl kaum einer freut.
Papst Franziskus hat das einmal so formuliert: «Die Kandidaten, die das gerne wollen, wollen wir nicht als Bischöfe.»
Zumindest nicht im Vorhinein: Wer die Aufgaben als Papst, Bischof, Priester oder als engagierter Laie vor Augen hat, der mag schnell an Resignation denken. Fluchtverhalten liegt an. Aber wie jeder Dienst in der Kirche ist uns der Beistand des Heiligen Geistes zugesagt, der uns selbst dann Freude am Dienst schenkt, wenn uns die Aufgabe zu groß wird.
Das gilt vor allem für den Dienst des Bischofs an seinem Bistum. Es mag sogar so sein, dass ein Bistum zu leiten schwieriger ist, als der Dienst des Papstes an der Weltkirche - so behauptete mir gegenüber einmal ein Weihbischof. Ein Papst, so war der Gedanke, hat in der Weltkirche kaum ein konkretes Gegenüber, während der Bischof ständig mit den unterschiedlichsten Personen von Angesicht zu Angesicht zu tun hat. Nun, wer den leidvolleren Job hat, will ich hier nicht entscheiden. Aber einfach ist es nicht, das Bistum in all seinen Kräften, Personen, Institutionen, Vereinen und Interessengruppen zusammen zu halten - und gleichzeitig die Einheit mit der großen Catholica nicht zu verlieren. Ich beneide keinen Bischof um diese Aufgabe - und bin froh, dass ich von diesem Amt verschont geblieben bin. Dennoch dürfen wir das Fluchtverhalten eines Bischofs nicht ignorieren, selbst wenn ich menschlich noch soviel Verständnis dafür habe. Die Bischöfe brauchen unsere Stärkung, Mahnung und unser Gebet!
Was ist nun davon zu halten, wenn ein Bischof in persönlicher Bescheidenheit diese Macht (oder zumindest Teile davon) abgibt? Das kann geschehen, indem ein Bischof darauf verweist, dass er eine Frage des Glaubens nicht entscheiden möchte und deshalb auf die Gemeinschaft der Bischöfe verweist. Oder er errichtet einen Rat (zum Beispiel einen sogenannten «Synodalen Rat»), dem er freiwillig und selbstbestimmt einen Teil der Leitung gewährt. Ist das nicht vorbildhaft?
Konkret: Ein deutscher Bischof kann die Lehre bezüglich der Unmöglichkeit, Frauen zu Priestern zu weihen, nicht der Weltkirche überlassen. Denn die Frage ist geklärt - mehrfach und endgültig. Es ist also die Aufgabe eines jeden Bischofs, diese Entscheidung zu lehren, zu erklären und deren Umsetzung zu befördern.
Das gleiche gilt für das Wesen des Weihe-Priestertums, dessen Rechte und Pflichten, Dienste und Aufgaben. Gerade im letzten Konzil wurden sowohl die bischöflichen, als auch die priesterlichen Aufgaben klar beschrieben und aufgewertet. Dahinter kann kein Bischof zurück und diese Lehren des vatikanischen Konzils verschweigen, bis eine erneute Klärung der Weltkirche erfolgt (warum sollte etwas, das klar ist, nochmal entschieden werden?). Seine Aufgabe ist es, die Umsetzung des Konzils zu garantieren, nicht zu vertagen.
So wird auch die richterliche Funktion des Bischofs - zumindest nach innen, seinem Bistum gegenüber - nicht so zu delegieren sein, dass der Bischof damit auch die Verantwortung für Fehlentscheidungen anderen überlässt. Es ist uns allen klar, dass der Bischof dieser Aufgabe nicht immer gerecht werden kann. Er kann sie zwar nicht outsourcen, dafür aber auf Barmherzigkeit seinen Fehlern gegenüber hoffen. - Allerdings: Die richterliche Funktion, mit der ein Bischof über gegen ihn selbst gerichtete Anklagen entscheidet, sollte der Bischof nicht selbst innehaben. Aber dafür gibt es ja gottseidank Rom.
Tatsächlich gibt es theologische oder lehramtliche Fragen, die ein einzelner Bischof nicht entscheiden kann, sondern der Kirche insgesamt vorlegen muss. Das gilt vor allem für alle noch offenen theologischen Fragen, die noch nicht geklärt wurden (wie zum Beispiel in den 60-er Jahren die Frage nach der künstlichen Empfängnisverhütung, die erst durch Erfindung der «Pille» entstand).
Das gilt aber nicht, wenn lehramtliche Entscheidungen längst gefällt wurden oder aus der Mitte des Glaubens heraus eindeutig sind. Dann wäre der Verweis eines Bischofs auf eine Entscheidung der Weltkirche eine unzulässige Verweigerung seines Dienstes.
Dabei ist die Frage, ob etwas längst entschieden ist, oft einfacher zu klären, als es in theologischen Diskussionen manchmal erscheint. Darin besteht der Dienst des Papstes: definierte Lehren als solche zu kennzeichnen und in Erinnerung zu rufen. Zwar kann der Papst (alleine oder mit einem Konzil) auch Lehren definieren, die zuvor noch offen waren. Aber das geschieht eher selten. Viel wichtiger ist die Aufgabe, dem Lehramt der Bischöfe darin zu dienen, die bereits geklärten Fragen als solche kenntlich zu machen und die existierende Antwort in Erinnerung zu rufen.
Ein «Brief aus Rom» ist also in der Regel keine Einmischung der vatikanischen Behörde in die Autonomie eines Bistums, sondern die Wahrnehmung des päpstlichen Dienstes an der Einheit der Kirche.
Gegen die Verzögerungstaktik, klare Lehren zurückzuhalten mit dem Verweis auf eine noch ausstehende Klärung durch die Weltkirche, gibt es noch einen weiteren Einwand: Wenn ein Bischof darauf verzichtet, eine christliche Lehre zu verkünden und zu vertreten und auf die Weltkirche verweist, so verweist er letztlich nur auf das Amt anderer Bischöfe. Hinter dem Begriff «Weltkirche» verbirgt sich ja keine neue und übergeordnete Autorität, sondern das gleiche bischöfliche Amt. Verweigert also ein Bischof die Lehre mit Verweis auf die anderen Bischöfe, so überträgt er anderen eine Aufgabe, die zu schultern er selbst nicht bereit ist.
Ähnliches gilt auch für die freiwillige Bindung der bischöflichen Leitungsvollmacht an die Entscheidungen von Gremien, synodalen Räten oder anderen Beratungsgremien. Ein solcher Schritt wirkt bescheiden und bringt ohne Zweifel eine Entlastung des Bischofs von seiner Verantwortung.
Zunächst ist ganz klar zu betonen, dass es eine lange Tradition gibt, solche Räte einzurichten und vor Entscheidungen zu hören. Angefangen bei den Pfarreiräten (oder Pfarrgemeinderäten) über den Kirchensteuerrat, Priesterrat, Diözesanrat usw. auf der Bistumsebene bis hin zu den päpstlichen Räten, derer es unzählige gibt: Den päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung, Rat zur Einheit der Christen, Rat für die Gesetzestexte, Rat für den interreligiösen Dialog, für die Kultur, für die Familien, für Gerechtigkeit und Frieden - usw.
Aber alle diese Räte beraten die entsprechenden Entscheidungsträger; sie haben nicht Teil an der Leitungsvollmacht und übernehmen auch keine Verantwortung für die Umsetzung. Natürlich haben die Räte indirekt schon Anteil an der Leitung, indem sie Entscheidungen befürworten, empfehlen oder ablehnen. Kein Papst, Bischof oder Kardinal kann jedoch von seiner Verantwortung abgeben und einen Rat für eine getroffene Entscheidung in Haftung nehmen.
Davon zu unterscheiden ist sehr wohl die Bindung der deutschen Bischöfe zum Beispiel an die Kirchensteuerräte, die eine gewisse Grundlage im CIC bzgl. der Finanzverwaltung haben. Ähnliches gilt auch für bestimmte Rechtsvorgänge, an die Bischöfe in Deutschland gebunden sind. Aber dies sind operative Bindungen, die der deutschen Einbindung in den Staat geschuldet sind, und betreffen nicht die theologische klare Verpflichtung der Bischöfe, im dreifachen Amt den Gemeinden und darin den Gläubigen zu dienen.
So kann und soll ein Bischof auf die Räte hören, ihre Erwägungen bedenken und in seine Entscheidungen einbeziehen. Von seiner Leitungsvollmacht einen Teil grundsätzlich an ein Gremium zu delegieren hieße dagegen, sich aus der Verantwortung zu stehlen und einen wichtigen bischöflichen Dienst zu verweigern.
Wenn das Amt des Bischofs öffentlich diskutiert wird, dann geht es häufig um die Vollmacht zur Leitung und Lehre des Bistum. Zur klassischen Amtsbeschreibung eines Bischofs (im II. Vatikanischen Konzil erneuert) jedoch gehört eine dritte Aufgabe: die der priesterlichen Heiligung. Also der sakramentalen Heiligung des ganzen Bistums, vermittelt vor allem durch die Priester.
Ähnlich wie bei der Sicherstellung der Lehre der Kirche braucht sich ein Bischof nicht allzu sehr den Kopf zu zerbrechen, wie er dem Auftrag zur Heiligung der ihm anvertrauten Herde nachkommt. Die dem Bischof zur Verfügung stehenden Mittel werden ihm ja von der Weltkirche anvertraut - vom Herrn selbst zur Verfügung gestellt: Die Sakramente.
Die Ausgestaltung der Sakramente ist aber zu einem geringen Teil Aufgabe eines einzelnen Bischofs. Zwar hat ein Bischof hier größere Freiheiten als zum Beispiel ein einfacher Priester: Ein Bischof kann den Fürbitten am Karfreitag in Notfällen weitere hinzufügen; er kann zu zusätzlichen Gebetstagen aufrufen, zu Wallfahrten, Fasttagen oder zu Spendenaktionen. Aber diese Freiheiten werden ihm ausdrücklich vom Bischofskollegium zugestanden, ja sozusagen aufgetragen. Darüberhinaus ist seine Aufgabe vor allem, ein treuer Verwalter der Heilsgeheimnisse zu sein.
Ein Bischof kann weder neue Sakramente erfinden noch bestehende abschaffen. Es ist ihm nicht möglich, weltkirchliche Regelungen einzuführen oder abzuschaffen. Weder, was den Ritus der Sakramente angeht, noch in Bezug auf den Empfängerkreis, auf Zulassungskritierien der Empfänger oder Spender. Seine Aufgabe ist es, die Einheit mit dem weltkirchlichen Bischofskollegium zu wahren. Darin liegt aber auch eine nicht unwesentliche Kraftquelle.
Zur Heiligung durch die Sakramente gehört zwar zahlenmäßig vor allem die Spendung des Firmsakramentes. Die Anzahl der Diakonen- und Priesterweihen dürfte quantitativ dagegen kaum ins Gewicht fallen. Aber in Hinblick auf die «umgekehrte Pyramide der dienenden Kirche» stellt es sich exakt umgekehrt dar: Da ist der Bischof der Diener seiner Priester, die dann dem Getauften bei der Ausübung ihres Dienstes helfen.
Denn jeder Priester in einem Bistum hat letztlich Anteil am priesterlichen Amt des Bischofs; umgekehrt wird jede Gemeinde letztlich durch den Bischof geleitet, gelehrt und geheiligt. Der Ortspfarrer (und seine priesterlichen Mitarbeiter) sind im besten Sinne Vertreter des Bischofs.
Die sogenannte «Ortskirche» ist allerdings nicht die Pfarrei. Natürlich ist die Pfarrgemeinde die Kirche «vor Ort». Aber der Begriff «Ortskirche» hat kirchenrechtliche Bedeutung und meint immer ein Bistum.
Aus diesem Amt kann der Bischof sich nicht befreien; er kann die Verbindung zu seinen Priestern nicht vollständig an andere delegieren. Es ist seine ureigene Aufgabe, die Priester seines Bistums zur Einheit mit ihm zu bewegen, diese immer wieder zu erneuern und den Priestern Gelegenheit zu geben, sich dieser Einheit neu zu versichern und Hindernisse auszuräumen. Er soll den Priestern beistehen, wenn sie es schwer haben (auch dann, wenn sie selbst schuld an diesen Schwierigkeiten sind). Er sollte sie zur Umkehr bewegen, wenn sie Fehler begangen haben. Der Bischof sollte seine Priester vor möglichen Abwegen, Missbräuchen und Eskapaden zu bewahren suchen, und auch (stärkend) den Priestern die bischöfliche Solidarität in ihren pastoralen Mühen zusprechen.
Das darf nicht nur einmal im Jahr bei einem «Tag der Seelsorger» oder der «Chrisammesse» geschehen, sondern ist eine ständige und bleibende Aufgabe, die jedem Bischof ein großes Anliegen sein sollte.
Der Auftrag zur «Heiligung durch die Sakramente» bedeutet für einen Priester, dass er die Gläubigen auf den Empfang der Sakramente gut vorbereitet und ihnen den Empfang ermöglicht. Sakramentale Heiligung bedeutet für einen Bischof, dass er Priesteramtskandidaten gewinnt, für eine gute Ausbildung sorgt, seine Priester kennt und dafür sorgt, dass sie ihren Aufgaben nachkommen (können).
An dieser Stelle möchte ich Joseph Ratzinger (den späteren Papst Benedikt XVI.) zu Wort kommen lassen: «Die Katholizität, die der Bischof verkörpert, geht jeden Einzelnen etwas an und kann nur dann praktische Bedeutung gewinnen, wenn sie von den Einzelnen mitgetragen wird. Sie verlangt, dass wir in unserem Glauben immer auf die Anderen allüberall hin offenstehen. Die Kirche bringt diese Katholizität bis in den Kern der eucharistischen Liturgie hinein zur Geltung, wenn sie jede eucharistiefeiernde Gemeinde des Ortsbischofs und des Petrusnachfolgers, des Papstes, gedenken lässt und damit zugleich ein Gedenken aller Glaubenden vor uns und um uns verbindet. Das bedeutet, dass die Eucharistie nie die Privatfeier eines Ortes oder eines Kreises ist, sondern immer das Grundmerkmal des Universalen, des Gesamtkirchlichen trägt. Das bedeutet weiterhin, dass keine Teilkirche ihre eigene Theologie, ihre eigene Vorstellung vom kirchlichen Amt und von der kirchlichen Frömmigkeit absolut setzen darf, sondern immerfort in der Verantwortung vor dem Ganzen und für das Ganze steht. Wie heilsam diese verpflichtende Rückbindung in das Ganze ist, wird vor allem in Zeiten politischer und geistiger Krisen sichtbar. Nur die Bindung an die Katholizität hat die katholische Kirche in Deutschland während des Dritten Reichs vor ähnlichen Erschütterungen bewahrt, wie sie die evangelische Christenheit durchstehen musste, und sie in der Einheit der apostolischen Überlieferung erhalten; manche Vorgänge wären der Kirche in Holland nach dem Konzil erspart geblieben, wenn sie mehr davon gelebt hätte, dass kein Teil sich selbst zum genügenden Maßstab werden kann.»
Wir hatten schon einmal an einer Stelle die Bereitschaft zur Neuevangelisierung erwähnt. Das ist kein so beliebtes Wort in der jetzigen Kirche. Noch weniger gern hört man den Auftrag, «missionarische Kirche» zu sein. Genau das aber entdeckt Joseph Ratzinger als eine Wesensbestimmung des Bischofs:
Auch das abschließende Wort sei Joseph Ratzinger überlassen: «Noch eine Beobachtung sei hinzugefügt. Mit der Überlieferung der Kirche nennen wir die Bischöfe Nachfolger der Apostel. (...) Diese Formel weist zunächst auf den kollegialen Charakter des bischöflichen Amtes hin: Wie die Zwölf miteinander vom Herrn gerufen sind, so steht auch kein Bischof einzeln, sondern hat Teil am apostolischen Erbe grundlegend dadurch, dass er beim Ganzen bleibt. Dazu kommt ein weiteres: Apostel heißt »Gesandter«, die lateinische Übersetzung von Apostel heißt »Missionar«.
Zu Lebzeiten der Apostel waren die »Bischöfe«, so scheint es, verantwortliche Träger der Seelsorge am Ort, während die Apostel die Aufgabe der Mission wahrnahmen. Wenn die Bischöfe nach dem Ende des »Apostolats« in die Nachfolge der Apostel eintraten, so bedeutet dies, dass ihnen nun auch missionarische Verantwortung zufiel. Die Kirche kann nie stehenbleiben bei dem Kreis, den sie versammelt hat. Sie muss das Wort Gottes immer neu verkünden an diejenigen, die es noch nicht gehört haben, weil dieses Wort ein Licht ist, das allen Menschen gilt und das alle Menschen brauchen. So liegt im Bischofsamt immer auch ein dynamischer Zug, Sorge darum, dass die Kirche wächst in die Menschheit und in die Zukunft hinein. Das wiederum bedeutet, dass jede Bischofskirche über sich hinausblicken und fruchtbar werden muss, damit das Wort Gottes in neue Räume dringe. Die beste Weise ihrer Selbsterhaltung ist das Fruchtbarwerden für die Anderen.»
Die Zitate von Joseph Ratzinger stammen aus: Joseph Ratzinger, Gesammelte Schriften, Band 12, Künder des Wortes und Diener eurer Freude, Theologie und Spiritualität des Weihesakramentes, Freiburg 2010
Zu den bischöflichen Insignien gehört die Mitra (eine hohe Mütze), das Brustkreuz (auch Pectorale genannt), der Bischofsstab (ein gekrümmter Stab, der an einen Hirtenstab erinnern soll) und der Bischofsring. Ein Erzbischof trägt zusätzlich das Pallium (eine besondere Stola).
Der Bischof trägt eine Soutane (das bodenlange Gewand eines Klerikers) in violetter Farbe. Ein Priester trägt sie in schwarz, ein Kardinal in rot und der Papst in weiß. Zur Soutane gehört auch ein Scheitelkäppchen (Pileolus) in der gleichen Farbe, das vom Priester aber selten getragen wird.
Im Unterschied zum einfachen Priester feiert der Bischof die Messe oft als Pontifikalamt, d.h. mit zusätzlichen Zeichen und Riten. Dazu gehört das Auf- und Absetzen der Mitra und des Pileolus', der Segen mit einem dreifachen Kreuzzeichen und einer zusätzlichen Einleitung («Der Name des Herrn sei gepriesen» - «Von nun an, bis in Ewigkeit»), der Ein- und Auszug sowie die Predigt mit dem Hirtenstab und noch einigen anderen Besonderheiten.
Die Bischofskirche wird im allgemeinen Dom genannt und beherbergt die Kathedra (den bischöflichen Thron oder Bischofssitz).
Es gibt Erzbischöfe, die für eine Kirchenprovinz zuständig sind, und Weihbischöfe, die kein (existierendes) Bistum haben und in anderen Bistümern helfen.