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KARL-LEISNER-JUGEND |
Filme in der Jugendarbeit
Man muss nicht einen Spielfilm diskutieren, analysieren und sezieren, damit er wirkt. Gute Filme sind halt deshalb gut, weil sie ihre eigene Sprache sprechen und darüber (oft) mehr transportieren, als durch eine nachträgliche Analyse. Aber welche Filme sind wirklich gut? Am besten, Du entscheidest
selbst. Vielleicht kann Dir diese Seite unserer Homepage etwas behilflich
sein: José García, anerkannter Filmkritiker mit einer
eigenen Site ( Für "Kritik an unserer Kritik" oder sonstige Anregungen
sind wir immer dankbar; schreib einfach an den Theologische Rezension: Life of Pi Empfehlungen 2013 Empfehlungen 2011 Empfehlungen 2010
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Wertung: 4.0 von max. 5 Sternen | ![]() |
Unter dem Titel "Pfarrerblock 25487. Dachau 1941-1942" wurden die Erinnerungen des luxemburgischen katholischen Geistlichen Jean Bernard erstmals im Jahre 1962 in Buchform veröffentlicht. Abbé Bernard hatte sie sich jedoch "gleich nach der Befreiung von der Seele" geschrieben. Sie waren denn auch bereits 1945 als Feuilleton-Folgen im "Luxemburgischen Wort" erschienen.
Die Tagebuch-artigen Eintragungen enthalten einen außergewöhnlichen Vorgang: Jean Bernard erhielt im Februar 1942 zehn Tage Urlaub, um zur Beerdigung seiner Mutter nach Luxemburg zu fahren. Nach den Erinnerungen des Pfarrers hing das Leben der anderen inhaftierten Priester von seinem Entschluss ab, aus dem Urlaub zurückzukehren. Die von Bernard geäußerte Vermutung, mit diesem "Freigang" habe die Gestapo eine "Umschulung" der luxemburgischen Priester und damit einen "Propagandaerfolg" erzielen wollen, liefert die Grundlage für den mit dem diesjährigen Bernhard-Wicki-Preis ausgezeichneten Spielfilm von Völker Schlöndorff "Der neunte Tag", der im Sommer auf dem 22. Filmfestival München sowie auf dem internationalen Filmfest Locarno zu sehen war, und nun am Donnerstag im regulären Kinoprogramm startet.
Das Lagerleben inszeniert Völker Schlöndorff im rasenden Tempo: Zwölf Minuten, die in den kältesten Farben und mit nervöser Handkamera aufgenommen sowie mit schnellen Schnitten montiert sind. Kahl geschorene Häftlinge in gestreifter Häftlingskleidung, eine heimliche Messe in der Baracke. Am Kreuz, das auf dem Lagerhof aufgerichtet ist, hängt ein Pfarrer mit Dornenkrone. Henri Kremer (wie Jean Bernard im Film heißt) wird dorthin kommandiert. Statt jedoch bestraft zu werden, erhält er neun Tage Urlaub.
Bei diesen zwölf ersten Minuten von "Der neunte Tag" handelt es sich um die nach Jahrzehnten ersten KZ- Bilder eines deutschen Regisseurs. "Ich habe es nie für möglich gehalten, dass man das Leben im KZ überhaupt zeigen und inszenieren kann, dass man einfach behaupten kann, mit der Kamera im KZ zu sein. Andere haben es mir vorgemacht: Ich denke zum Beispiel an die Filme ′Schindlers Liste′ und ′Der Pianist′. Daraufhin fühlte ich mich aufgefordert, das als Deutscher erst recht zu versuchen", erklärt Schlöndorff dazu.
von JOSÃ GARCÃA - mit freundlicher Genehmigung des Autors - Quelle: www.textezumfilm.de
Im Unterschied zu den von Schlöndorff zitierten amerikanischen Filmen bilden in "Der neunte Tag" die an die nüchternen, in knappen Sätzen gehaltenen Beschreibungen des luxemburgischen Pfarrers angelehnten Szenen lediglich eine Folie. Die allerdings weit mehr als eine bloße dramaturgische Einführung der Hauptfigur darstellt, helfen diese Bilder doch dem Zuschauer, den Konflikt des Pfarrers zu verstehen. Denn dorthin muss Henri Kremer zurückkehren, wenn er sich nicht auf die Einflüsterungen der Gestapo einlässt: Der Intellektuelle im katholischen Klerus soll den Luxemburger Bischof zur Kollaboration mit den Besatzern umstimmen.
"Der neunte Tag" konzentriert sich auf die Auseinandersetzung zwischen dem luxemburgischen Gestapochef Gebhardt (August Diehl) und Henri Kremer (Ulrich Matthes). Dass sich der Gestapochef, der kurz vor der Priesterweihe zur "Religion der Herrenmenschen" übertrat, als überaus theologisch gebildet erweist, kann als großartiger Einfall der Drehbuchautoren Eberhard Görner und Andreas Pflüger angesehen werden. Weniger gelungen ist indes der weitere Kunstgriff der Autoren, Henri Kremer ein Schuldgefühl anzulasten: Zwar lässt sich dieses Schuldgefühl dramaturgisch hervorragend einsetzen, aber nach allem, was der Leser aus den Erinnerungen von Jean Bernard erfährt, wirkt es kaum glaubwürdig, dass er Monate lang diese Schuld mit sich alleine getragen haben soll, zumal er im "Pfarrerblock 25487" von seinen häufigen Beichten berichtet.
Jenseits des theologischen Disputs des Pfarrers mit Untersturmführer Gebhardt zielt "Der neunte Tag" auch auf eine Revision von Rolf Hochhuths "Der Stellvertreter": zum ersten Mal seit Hochhuths Machwerk wird in einem deutschen Spielfilm, etwa in den Gesprächen mit dem Luxemburger Bischof, die Position des Vatikans nuanciert dargestellt.
Im Vorfeld des Kinostarts von "Der neunte Tag" wurde "Pfarrerblock 25487" bei "éditions saint-paul luxembourg" (zu beziehen über den Berliner Morus-Verlag) neu aufgelegt (3. Aufl. 2004).
von JOSÃ GARCÃA - mit freundlicher Genehmigung des Autors - Quelle: www.textezumfilm.de