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KARL-LEISNER-JUGEND |
Marienerscheinungen
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Wir leben in einer Zeit, die vom Unglauben (Horizontalismus - Antisupranaturalismus - Materialismus - Immanentismus - die Ausdrücke meinen immer das Gleiche) geprägt ist. Es mag hier gleichgültig sein, ob diese Strömung der Grund dafür ist, daß der Glaube schwindet, oder aber ob «Horizontalismus» nur ein anderes Wort für «Unglauben» ist.
Wir denken - auch als Christen und als Katholiken - zunehmend in diesen innerweltlichen Kategorien; wir sind in dieser Welt und können uns diesem Denken, das versucht, ohne Gott auszukommen, nicht entziehen. Paul VI. spricht davon, daß «der Rauch Satans in die Kirche eingedrungen ist». Damit meint er vielleicht genau das: Daß wir, obwohl wir aufrichtig darum bemüht sind, Gottes Offenbarung ganz zu leben, uns verführen lassen, das Natürliche absolut zu setzen und das Übernatürliche zu leugnen.
Als ein Beispiel betrachten wir einmal unser Bittgebet: Wenn wir für Opfer von Krieg und Naturkatastrophen beten - beten wir dann, daß Gott ihnen Helfer schicken möge? Oder beten wir, daß Gott ihnen helfe? Und wenn ein Krieg vom Frieden abgelöst wird - sind wir uns bewußt, durch unser Gebet dazu beigetragen zu haben? Die Fürbitten im Gottesdienst - sind sie nur ein andachtsvolles Gedenken - oder eine vertrauensvolle Bitte um das Eingreifen Gottes?
Das Rechnen mit der Güte und Allmacht Gottes findet auch im gläubigen Volk der Kirche noch wenig Anhang. Immer mehr wird alles, was gnadenhaft und göttlich ist, verdrängt. Heute gilt beispielsweise:
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Gebet ist Selbsterfahrung, Selbstheilung. Jede Antwort im Gebet wird als Stimme des Unterbewußten gedeutet
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Sünde ist Krankheit, «anderes» Verhalten, therapierbar
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Wunder sind Parabeln, Bilder, Massenphänomene, hysterische Phänomene
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Sakramente sind nur Heilszeichen, Verdeutlichungen, Bilder, Symbolhandlungen
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Das Lehramt ist soziologisch und geschichtlich gewachsen, bar jeder Geistbegabung
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Die Bibel ist literarisch zu sehen und zu verstehen, die Inspiration wird abgelehnt
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Der Teufel ist abgeschafft, das Böse lebt nur in Strukturen
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Die Hölle gibt es nicht mehr, bzw. ist leer
Im Grunde läuft alles auf die Abschaffung des Glaubens hinaus, aber eben so schleichend und unbemerkt, daß es Vorstufen gibt, die wir noch als christlich empfinden und nicht energisch genug bekämpfen. So eben die o.g. Geistesströmungen.
In dem Film «Die üblichen Verdächtigen» heißt es: «Der größte Trick, den der Teufel jemals gebracht hat, ist die Welt glauben zu machen, daß es ihn nicht gäbe». In dem Film «Im Auftrag des Teufels» sagt der Teufel: «Bei allen großen Fortschritten habe ich meine Finger im Spiel gehabt. Ich bin ein Fan der Menschen! Ich bin Humanist. Kein Mensch, der noch ein bißchen Verstand besitzt, wird ernsthaft leugnen, daß das vergangene Jahrhundert mein Jahrhundert gewesen ist.»
Wir Christen kommen nicht darum herum, die Existenz des Teufels als eine bösartige und intelligente Quelle anzunehmen, wenn wir die Geschichte verstehen wollen. Unser Leben besitzt eine Ernsthaftigkeit, die es notwendig macht, Position zu beziehen. Mit der Abschaffung des Satans und der Hölle, also der Leugnung der realen Möglichkeit, sich gegen Gott zu entscheiden (s. Rahner und das anonyme Christentum), wird jede Lebensentscheidung bedeutungslos und somit jede Erlösung überflüssig:
Wenn es keinen Satan gibt, gibt es auch keine Hölle.
Wenn es keine Hölle gibt, gibt es auch keine Sünde, die von Gott auf Dauer trennt.
Wenn es keine Sünde gibt, brauchen wir auch keine Erlösung.
Also brauchen wir auch keine Sakramente, vor allem nicht die Eucharistie und die Beichte.
Also ist auch an Maria nichts Besonderes, ebensowenig brauchen wir die Kirche.
Wir kommen also sehr gut ohne Gott und Glauben aus.
Wir kommen sehr gut ohne Gott und Glauben aus, selbst, wenn wir dessen Existenz nicht leugnen! Wir können gottlos leben und trotzdem (aus kulturellen oder sozialen Gründen) einer Religionsgemeinschaft angehören. Das ist der praktische Atheismus, die Geißel unserer Zeit.
Aufgekommen ist das langsame, heimliche Leugnen (im Gegensatz zum offenen Glaubensabfall, den es schon immer gegeben hat) im 19. Jahrhundert, also 1800 und später, mit der Aufklärung, vor allem mit den französischen Aufklärern. Eine konkrete Ausformung war z.B. die französischen Revolution. Die Leugnung der Existenz des Bösen - auch ein Zeichen des Materialismus - begann mit der Zeit der Aufklärung.
Und nun komme ich - indem ich zwei marianische Paralellen zum oben Gesagten ziehe - zum Thema des Vortrages:
1. Genau seit dieser Zeit beginnen die Marienerscheinung der Neuzeit (warum diese sich von den früheren Erscheinungnen unterscheiden, wird noch herausgestellt); und zwar beginnend mit den ersten Marienerscheinungen in Frankreich: In der Rue du Bac, in Pontmain, in Lourdes. Denn in Frankreich hat ja der praktische Atheismus seinen Ausgangspunkt!
2. Die im praktischen Atheismus gemachten ersten Schritte - Leugnung des Bösen, der Sünde, der Erlösung, der Sakramenten und der Kirche - finden ihren Widerspruch ausdrücklich in den Marienerscheinungen der Neuzeit: Warnung vor dem Bösen, Mahnung zur Umkehr und Ablassen von der Sünde, Hinweis auf die einzige Erlösung in Christus, Mahnung zum Gebet, zur Buße und Beichte und zur Eucharistiefrömmigkeit, ausgesprochene Beichtpraxis und Kirchlichkeit.
Analysiert man die Botschaften Mariens, von der Rue du Bac bis nach Medjugorje, so finden sich genau diese Elemente im Kern der Botschaften. Der «Epoche des Teufel» steht somit Zug umg Zug das marianische Zeitalter gegenüber.
Ein Prophet ist jemand, der das «göttlich Richtige und Wahre» sagt, der Prophet ist jemand, der erfüllt ist von Gottes Geist und deshalb zum Sprachrohr Gottes wird. Der Prophet ist dem Priester gegenübergestellt, ergänzt ihn und bewahrt ihn. Während der Priester auf die Lehre und Tradition bezogen ist, schöpft der Prophet seine Autorität aus der Offenbarung. Beide stützen sich gegenseitig.
Prophetie ist nicht nur Gerede, Vortrag und mündliche Mahnung. Prophetie ist verbunden mit Symbolhandlungen (Hos 1,2: Der Prophet heiratet eine Kultdirne um die Prostitution des Volkes zu kritisieren), mit Zeichen und Wundern (2 Kön 5; Naaman wird vom Aussatz befreit), mit Visionen (Jes 6; Jesaja sieht in einer Vision seine Berufung zum Propheten) und Auditionen.
Ein Prophet spricht nicht nur von Frömmigkeit und Theologie; vielmehr spricht er in seine Zeit hinein, d.h. er antwortet auf Fragen der Zeit, mahnt entgegen dem Zeitgeist und warnt vor falschen Entwicklungen. Die Warnung ist verbunden mit dem Aufzeigen von (fatalen) Konsequenzen, das Beherzigen der Mahnungen mit Verheißungen. Das Anliegen der Prophetie ist also nicht die Weissagung und Vorhersage, sondern die Umkehr.
Propheten zeigen Wege auf, zu Gott zurückzukehren. Sie mahnen nicht nur, um zu kritisieren, sondern um Neubesinnung und Neubeginn zu ermöglichen. Prophetie hat, trotz aller Gesellschafts- und Religionskritik, ein positives Anliegen: Das Volk soll das Gute ergreifen und sich der Zuneigung Gottes bewußt werden. Dazu ermutigen Propheten, indem sie die Verheißung und den Lohn Gottes vor Augen führen.
Ein Prophet öffnet die Augen für die verborgenen Gründe, die zu den Mißständen geführt haben. Er kritisiert nicht nur die Mißstände, er hilft auch zu verstehen, wie es dazu gekommen ist. Er öffnet die Augen derjenigen, die bereit sind, sich und die Gesellschaft zu bessern.
Dass Maria in ihrem Wesen und Handeln diesen Kritierien entspricht, zeigt sich, wenn wir die Erscheinung einmal im Einzelnen betrachten:
- Sie ist das Sprachrohr Gottes in die Zeit hinein,
- ihre Botschaften sind ganzheitlich, verknüpft mit Visionen, Audition, Bildern und Gegenständen.
- Die Zielrichtung der Marienerscheinungen ist nicht nur die reine Frömmigkeit, sondern sie mischt sich in die Politik ein. Nachdem sich die Kirchengeschichte und die Profangeschichte endgültig getrennt hatte, verknüpft Maria wieder das Geschehen in der Welt mit dem göttlichen Plan. Sie bezieht sich auf die Verhältnisse der Zeit.
- Maria gibt uns eine Fülle von Verheißungen (weltliche, ewige, persönliche und allgemeine).
- Wir erfahren nicht nur, wenn wir auf die Bedürfnisse der Welt schauen, daß die Marienerscheinungen darauf die entsprechenden Antworten geben, sondern wir können auch umgekehrt anhand der Botschaften erkennen, wo die «Knackpunkte» unseres Zeitgeschens liegen. Wie eine echte Propheten öffnet Maria uns die Augen, um zu erkennen, was zu tun ist und wo wir den göttlichen Hebel der Gnade ansetzen müssen.
Nun aber zu den einzelnen Erscheinungen.
Zum Erscheinungsort:
Katharina Labouré, geb. am 2.5.1806 als Zoe Labuoré, trat 1830 bei den Barmherzigen Schwestern des heiligen Vinzenz von Paul ein. Bis zu ihrem Tod am 31. Dezember 1876 widmet sie sich bescheiden und hingebungsvoll den Alten und Kranken, nachdem sie zuvor in der Küche gearbeitet hat.
In der Nacht zum 19. Juli 1830 sah sie die Gottesmutter, die ihr empfahl, am Altar der Kapelle des Klosters in ihren Leiden und Bedrängnissen Trost zu suchen. Ihrem Beichtvater mußte sie ausrichten, daß Mißstände in ihrem Orden abgestellt werden sollten.
Am 27. November 1830 erschien ihr die Gottesmutter wieder: Sie stand auf einer Halbkugel, wobei sich unter ihren Füßen eine Schlange wand (dieses Bild symbolisiert die Unbefleckte Empfängnis Mariens), von den Ringen ihrer Finger ging ein wunderbares Licht aus. Dann läßt Maria die Hände nach unten sinken, und Ströme von Licht fallen auf die Erde (das Bild symbolisiert die Mittlerin der Gnaden). In einem Halbkreis erscheinen um Maria die goldenen Buchstaben: «O Maria, ohne Makel der Erbsünde empfangen, bitte für uns, die wir unsere Zuflucht zu dir nehmen.»
Sie hört die Worte: «Laß eine Medaille nach diesem Bild prägen. Wer sie trägt, wird große Gnaden empfangen...».
Zur Bedeutung der Erscheinung:
Neu an der Erscheinung ist vor allem die Aussage Mariens, eine Botschaft für die ganze Welt zu haben. Auch wenn Maria hinzufügt, daß sie vor allem Frankreich gilt, ist diese Botschaft universal. Von nun werden sich alle Erscheinungen Mariens nur vordergründig auf eine einzelne Person beziehen, im Hintergrund aber werden sie die Erde und alle Menschen zum Ziel haben.
Das ist das eigentlich neue an den Marienerscheinung ab 1830. Auch zuvor hat es immer wieder Marienerscheinungen gegeben, aber immer war die Botschaft nur an die Person gerichtet, die die Vision hatte.
Wenn es heißt: «Die Gnaden werden überreich sein für jene, die die Medaille mit Vertrauen tragen», dann schaltet der moderne Mensch ab. Hier wird die Materie, die doch für den modernen Menschen Selbstzweck ist, zum Instrument des Unsichtbaren. Hier verschmelzen die beiden Regionen, die der Skeptiker so gerne trennt: Das Greifbare und das Unbegreifbare. Das Prinzip der Inkarnation, der Fleischwerdung, wird so auch hier festgehalten. Damit wird ein erster, wichtiger Gegenpol zum Materialismus gesetzt.
Desweiteren wird in der Rue du Bac angekündigt, was erst 24 Jahre später geschehen wird: Die Verkündigung des Dogma von der unbefleckten Empfängnis Mariens im Jahre 1854. Dogma und Vision ergänzen sich so gegenseitig, wie der Prophet und der Priester sich ergänzen.
Die zentrale Botschaft aber ist die der Hoffnung: Gott ergreift die Initiative, wir sind nicht allein, der Teufel, die Schlange zu Füssen Mariens, wird zertreten; es gibt keinen Grund zur Verzweiflung.
Zum Erscheinungsort:
Zwei Hirtenkinder, der elfjährige Maximin Giraud und die fünfzehnjährige Melanie Calvet (oder Calvat - oder Mathieu?) wurden am 19. September 1846 in einer Senke des Sesia-Baches Zeugen eines überirdischen Geschehens: Eine Lichtkugel, die um sich selbst rotiert und sich dann öffnet, wird für die Kinder sichtbar. In ihrem Inneren sehen sie eine menschliche Gestalt, die auf einem Stein neben der seit Monaten ausgetrockneten Quelle sitzt, die Ellbogen auf die Knie und den Kopf in die Handflächen gestützt.
Den vom Glanz geblendeten Kindern ruft die Gestalt, das Gesicht von Tränen überströmt, entgegen, Mut zu fassen und näher zu kommen. Sie wolle, so sagt sie, eine große Botschaft überbringen. Um ihren Kopf waren Rosen gewunden, die leuchteten. Die während der ganzen Erscheinung weinenende «schöne Dame» richtete den Kindern in französischer Sprache aus: «Wenn mein Volk sich nicht unterwerfen will, muß ich den Arm meines Sohnes walten lassen. Er ist so mächtig und drückt so schwer, daß ich ihn nicht aufhalten kann.» Maria kündigt großes Unheil an.
Danach spricht sie über die Sonntagsheiligung, über das Gebet und über die Fastengebote. Die Botschaft schließt mit dem Satz: «Nun denn, meine Kinder, laßt dies mein ganzes Volk wissen».
Die Bedeutung der Erscheinung:
Über die Tränen Mariens ist viel geschrieben worden; und die Theologen haben noch nicht aufgehört, darüber nachzudenken, wie denn diese Tränen mit der seligen Gottesschau zu vereinbaren sind.
Nimmt man aber die Erscheinung in Verbindung mit der Zeit (1846 trafen sich in Paris junge Menschen als Protest gegen die religiösen Normen jeden Sonntag zum Satanskult) und auch in Verbindung mit der Folge-Geschichte (noch nie hat die Welt so gezielt versucht, ein religiöses Phänomen zu torpedieren), so trifft vermutlich die Antwort Papst Pius IX., als er nach dem Kern des großen Geheimnisses von La Salette gefragt wurde: «Sie wollen die Geheimnisse von La Salette wissen? Nun, das sind sie: Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle zugrunde gehen.»
Vieles, was Päpste erst hundert Jahre später in ihren Botschaften aufnahmen, wurde schon in La Salette ausgesprochen. Damals noch unerhört, spricht später Papst Paul VI. selbst von der «Selbstzerstörung der Kirche», vom «Rauch Satans in der Kirche».
Vieles von dem, was in La Salette angekündigt worden ist, ist nicht eingetroffen. Aber (wie oben angemerkt) sind Prophetien keine Vorhersagen, sondern Warnungen, die nicht eintreffen, wenn sie beherzigt werden. Oder - die verschoben werden können. Dem entspricht, daß Maria auch später wieder als weinende Muttergottes erscheint (siehe Syrakus und Maasmechelen).
Zwischen den Erscheinungen in Lourdes und in der Rue du Bac liegt die Dogmaverkündung von 1854, und von daher erfährt die «Unbefleckte Empfängnis» die zentrale Bedeutung für das marianische Zeitalter. Sie zeigt uns den Himmel und macht uns Hoffnung, während unsere Welt eher zur Verzweiflung Anlaß gibt.
Die Geschichte Lourdes möchte ich hier nicht wiedergeben, ich setze sie als bekannt voraus.
Die Bedeutung der Erscheinung
Wenn die Erscheinung von Lourdes eine Bestätigung des Himmels zur Dogmaverkündigung von 1854 und der Ausblick auf eine heile Welt ist, so läßt sich die Bedeutung vielleicht in dem Gegensatz zusammenfassen: «In Lourdes wird der Himmel hineingestellt in eine kranke Welt.» Unsere liebe Frau von Lourdes mahnt mit einem einzigen Wort die Welt: «Buße» (in Lourdes gleich dreimal mit besonderer Bedeutung ausgesprochen), und sie läßt die Hl. Bernadette auch eine prophetische Zeichenhandlung vollziehen: Sie ißt bittere Kräuter und wäscht sich im Schlamm. Aber - Maria gibt auch das Zeichen ihrer Heilkraft (bzw. der Heilkraft ihres Sohnes), indem aus dem Schlamm eine Quelle aufbricht, die Lourdes zum Ort der Heilungswunder werden läßt.
Damit steht Lourdes ganz in der biblischen Tradition der Umkehrrufe des Johannes des Täufers und der Heilungswunder Jesu. Die Offenbarung ist zwar mit dem Tod des letzten Apostel abgeschlossen, aber sie wirkt fort - nicht, indem sie Neues hinzufügt, sondern indem sie gegenwärtig bleibt, wie auch die Eucharistie eine Vergegenwärtigung des Heilsgeschehen am Kreuz ist. Lourdes ist biblisch.
Papst Pius XII. bezeichnet in seiner Lourdes-Enzyklika Lourdes als «Thron des eucharistischen Geheimnisses, das alle anderen an Herrlichkeit in der katholischen Welt übertrifft.»
In der Lourdes-Enzyklika Pius XII. heißt es: «Marienverehrung ist die kollektive Bewegung zur christlichen Erneuerung der Gesellschaft». Erneuerung - eines der wesentlichen Elemente der Marienverehrung und damit auch der Marienerscheinung.
Nur ganz kurz: Am 17. Januar 1871 kündigt Maria in Pontmain das baldige Ende des deutsch-französischen Krieges an. «Aber betet, meine Kinder. Gott wird euch bald erhören, mein Sohn wird sich rühren lassen.» Nur 11 Tage später, am 28. Januar, wird der Waffenstillstand unterzeichnet.
Auch in Fatima sagt Maria: Der Krieg geht bald zu Ende. Damit kommt ein neues, prophetisches Element in die Marienerscheinung hinein: Der Vorstoß in den politischen Raum.
Zeitgeschichtlicher Rahmen:
Die zeitgeschichtlichen Zustände Portugals waren damals niederdrückend: Ermordung König Karls I. und Kronprinz Ludwig Philipps (1. Februar 1908), Verschwörung, Revolution in Lissabon am 4. Oktober 1910... moralischer, politischer und wirtschaftlicher Niedergang; die Freimauerer hatten die Macht in Händen, Alfonso Costa prophezeite die Erledigung des Katholizismus innerhalb zweier Generationen...
In einer Radioansprache sagte der Papst am 31. 10. 1942: «In einer tragischen Stunde der Finsternis und Verwirrung, da das portugiesische Staatsschiff abgeirrt war von dem Kurs der Traditionen und wie verloren im antichristlichen und antinationalen Wettersturm dem Schiffbruch entgegenzutreiben schien, da griff der Himmel helfend ein. Und aus der Finsternis strahlte das Licht auf, aus dem Chaos tauchte die Ordnung empor...»
Ein Historiker von Rang hat das Jahr 1917 als das entscheidende Jahr in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezeichnet, und zwar deswegen, weil damit das Zeitalter der Weltideologien beginnt. Denn in diesem Jahr schalten sich von Westen her die Vereinigten Staaten von Amerika durch ihre Kriegserklärung an Deutschland vom 6. April in die Geschichte Europas ein, während im Osten der Ausbruch der bolschewistischen Revolution in Rußland am 17. November jene zweite ideologische Macht auf den Plan ruft, die bis 1989 die Welt in Spannung halten soll. Zwischen diesen beiden Ereignissen liegen die Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima vom 13. Mai bis zum 13. Oktober 1917.
Maximilian Kolbe erlebt 1917 eine Demonstration auf dem Petersplatz, bei der Freimaurer anläßlich ihrer 200-Jahr-Feier Satansbanner mitführen, auf denen die Losung steht: «Satan soll herrschen im Vatikan, und der Papst wird ein Sklave sein.» (Bezug zum 3. Geheimnis von Fatima), und gründet daraufhin mit sieben jungen Freunden die Immaculata(!) -Miliz.
Am 13. Mai wurde der spätere Papst Pius XII. zum Bischof geweiht.
Bedeutung der Erscheinung
In der dritten Erscheinung Mariens, am 13. Juli 1917, sehen die Seherkinder eine Vision der Hölle, die ihnen Schrecken und Entsetzen einflößt; am 13. Oktober 1917 geschieht das sogenannte Sonnenwunder. Beide in Zusammenhang gebracht bildet den Rahmen für die eine, immer gleiche marianische Botschaft: «Betet, betet, betet, tut Buße, bringt Opfer für die Sünder, die Leute sollen sich bessern und um Verzeihung ihrer Sünden bitten, sie sollen den Herrn nicht mehr beleidigen, der schon zu viel beleidigt wurde.» Damit drückt sich das marianische Programm als Heilmittel für die Schwächen unserer Zeit aus: Der mangelnde Glaube an die Ernsthaftigkeit unserer Freiheit, die Leugnung der Sünde, der Hölle und des Bösen.
Gleichzeitig wird aber auch in der zweiten o.g. Erscheinung der Sieg über die Übel der Zeit als Verheißung im Sonnenwunder bildlich dargestellt: «Ein großes Zeichen erschien am Himmel, eine Frau, mit der Sonne umkleidet, den Mond unter ihren Füßen und ein Krone von 12 Sternen auf ihrem Haupt» (Offb 12,1). Fatima ist somit genauso biblisch gegenwärtig wie Lourdes, Maria als Heilszeichen und prophetische Frau genauso mahnend wie verheißend.
Fatima ist vor allem mit der Geschichte von Papst Johannes Paul II. verbunden, verbunden auch mit dem Anfang und dem Ende des kalten Krieges. Viele Ereignisse ranken sich um den 13. Mai oder den 13. eines anderen Monats, vom Papst-Attentat (13. Mai 1981, an diesem Tag erneuerten die Bischöfe Portugals die Weihe an das unbefleckte Herz und beteten für den Papst, noch bevor die Nachricht des Attentats nach Portugal kam) bis hin zur Verhinderung eines Atomschlages der UdSSR. Während der Erscheinungen in Fatima findet die berühmte Reise Lenins durch Deutschland und Schweden statt, die im Herbst zur Revolution in Rußland führt.
Genauso wie Fatima mit dem Ende des 1. Weltkrieges, Pontmain mit dem Ende des deutsch-französische Krieges verbunden ist, so ist eine weitere Erscheinung mit dem zweiten Weltkrieg verbunden: Die Erscheinung Mariens in Belgien, in Beauraing und Banneux 1932 und 1933, dicht an der deutschen Grenze. Beide Erscheinungen zielen auf das Gebet, beide gelten vermutlich dem nationalsozialistischen Deutschland.
In allen Erscheinung tritt Maria als Prophetin auf, die Umkehr fordert, die Hoffnung stärkt, zum Gebet (vor allem des Rosenkranzes) auffordert und die Macht der Sünde in die Erinnerung der Menschen ruft. Verbunden mit der Mahnung, das Böse nicht zu unterschätzen, weist sie immer auch auf das Heilmittel hin: Die Weihe an das unbefleckte Herz Mariens.
Und wieder ist Krieg in Europa, und wieder erscheint Maria: In Medjugorje. Diese Erscheinungsort steht so sehr in der Tradition der bisherigen Orte, daß es schwer fällt, den Blick nicht darauf zu richten: Maria ruft zur Umkehr auf, zum Gebet, zum Rosenkranz. Sie mahnt und verheißt, sie erscheint mit dem Anspruch, eine Botschaft für die Welt zu verkünden (und nicht nur für die Seher). Sie erscheint als die Immaculata, die uns die Liebe ihres Sohnes bringen will.
Und genauso wie in den vorangegangenen Orten, hat der Widersacher wieder seine Hände im Spiel: Unwahrheiten, Diskriminierung auch vonseiten kirchlicher Stellen, Agitationen und Ablehnung begleiten die Erscheinungen und die stetig wachsende Zahl von Pilgern, die das gegenteilige Zeugnis ablegen.
Während Lourdes mit der wunderbaren Quelle «das Heilmittel in einer kranken Zeit» ist, indem dort Menschen mit körperlichen Gebrechen Heilung oder Trost finden, so ist Medjugorje das Heilmittel für die tieferen Krankheiten, die unsere Zeit hervorruft: Krankheiten der Seele, der Moral und der Lebensführung. In Medjugorje geschehen nicht weniger Wunder als in Lourdes, nur sind es keine medizinischen Wunder (obwohl auch davon berichtet wird), sondern die Wunder der Bekehrung im religiösen und moralischen Sinne.
Noch kann die Kirche keine Stellung zu den Erscheinungen nehmen, da sie nicht abgeschlossen sind. Wenn aber Papst Johannes Paul II. schon mehrfach den Wunsch geäußert hat, in Medjugorje zu beten, so dürfte damit die grundsätzlich positive Haltung zum Ausdruck kommen.
Und somit ist auch die prophetische Botschaft Medjugorjes deutlich: Die Folgen des Glaubensabfalls und des Materialismus sind nun nicht mehr nur noch Krieg und Gewalt, sondern vor allem die Unordnung der Seelen, der moralische und geistige Verfall der Welt. Neben dieser Mahnung steht aber auch die Verheißung der Immaculata: Ihr werdet den Triumph meines mütterlichen Herzens erleben.
Der größte Marienverehrer, Ludwig Maria Grignion, schreibt in seinem «goldenen Buch»: «Das erste Kommen Jesu geschah in Verborgenheit; das zweite Kommen Jesu wird sich in Herrlichkeit vollziehen. So ist es auch mit Maria: Zuerst liebte und lebte sie in Verborgenheit und Armut - jetzt bereitet sie in der Herrlichkeit der Erscheinungen ihr Volk auf die Ankunft des Herrn vor.» So schreibt auch schon Kaiser Konstantin der Große vor 1300 Jahren.
Wenn es in der Offenbarung des Johannes heißt (Kap 12,1): «Ein großes Zeichen erscheint am Himmel» so ist damit Maria zu einem Zeichen der Endzeit, der Entscheidung und der Verheißung erhoben. (Rundschreiben Paul VI.: Signum magnum über Maria, 13.5.1967)
Maria ist als Mutter der Kirche nicht nur Bild des Volkes Israel und des neuen Volkes, sondern als Braut des Heiligen Geistes auch Mittlerin der Gnaden - und auch Mittlerin der Mahnungen und Verheißung. (Als Mittlerin bezeichnet sich Maria bereits 1846 in La Salette, im Bild ist dies sogar schon in der Rue du Bac vorweggenommen). Die Prophetin und damit die Gestalt der Kirche ist Maria, nicht Petrus und nicht Johannes.
Wir leben in einem marianischen Zeitalter. Das zeigen nicht nur die großen, neuerdings universalen Botschaften Mariens seit 1830. Neben den anerkannten Erscheinungen (1830 in der Rue du Bac, 1846 in La Salette, 1858 Lourdes, 1871 Pontmain, 1917 Fatima, 1932 Beauraing, 1933 Banneux, 1950 in Syrakus die weinende Madonna) gibt es zahlreiche weitere Erscheinung und Privatoffenbarungen. Zwischen 1928 und 1971 wurden 210 Marienerscheinungen registriert (von 1830 bis 1984: 379) (mit Spitzenzahlen in den Jahren 1933 (14), 1947 (18), 1948 (29) und 1954 (18)), lediglich im Jahr 1941 wurde keine Marienerscheinung festgestellt. Was die Erscheinungsort betrifft, so befinden sie sich in verschiedensten Ländern (Israel, Ungarn, Litauen, Brasilien, Spanien, Polen, USA, Philippinen, Griechenland und China). Die Mehrheit ereignete sich in Italien (71), in Frankreich (37), Deutschland (19), Belgien (17), Spanien (9), USA (8) und Kanada (6), in jüngster Zeit wurde vor allem San Damiano, Garabandal und Medjugorje bekannt.
Hiervon sind lediglich 40 negativ beurteilt, also abgelehnt worden, und selbst diese schließen nicht immer das Verbot des Kultes ein.
Grundsätzlich ist es die Pflicht eines Christen, dem Anspruch einer Privatoffenbarung kritisch gegenüberzustehen. Satan hat auch hier seine Finger im Spiel (die Schlange trifft die Frau an der Ferse - der Sieg Mariens ist kein müheloser Sieg, sondern setzt genau das voraus, was auch das Anliegen ihrer Botschaft ist: Ernsthaftigkeit in der Entscheidung und Standhaftigkeit im Leben. Und zudem gilt auch für Maria, was von Jesus gesagt wird: Dieser wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird); von einigen angeblichen Marienerscheinung ist es offentsichtlich, daß es sich um Imitationen des Teufels handelt. Ja, sogar während der Erscheinungen in Lourdes hatte die kleine Bernadette mit den Einflüsterungen Satans zu kämpfen.
Es ist Vorsicht geboten, dem Urteil der Kirche vorzugreifen oder sogar ungehorsam zu sein (s. Heroldsbach). Solange das Urteil der Kirche aussteht, gibt es einige Kriterien aus der Erfahrung der Kirche, die zur Echtheit von Privatoffenbarungen (oder Teilen davon) angeführt werden können:
Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche.
Die Offenbarungen dienen dem Seelenheil - und nicht der Neugierde des Menschen.
Die Visionen und der Empfangende fügen sich der Autorität der Kirche.
Der Visionär zeichnet sich durch Ehrfurcht und Demut aus (und nicht durch Rechthaberei, Ruhmsucht, Geltungssucht, Stolz, Eitelkeit)
Die Visionäre bedürfen zwar keiner besonderen Heiligkeit, wohl aber psychische Gesundheit.
Die Offenbarungen zeichnen sich durch Transparenz aus (im Gegensatz zu Zweideutigkeiten, Bizzarerien, Undurchsichtigkeiten)
Die Botschaften sind immer auf das Ganze des christlichen Glaubens bezogen (sie zeigen keine Einseitigkeit, z.B. in der ausschließlichen Betonung der Sünde, in der Überbetonung der Mittel gegenüber dem Inhalt, des Äußerlichen und Nebensächlichen etc.)
An den Früchten werdet ihr sie erkennen (damit sind die Auswirkung im Leben des Empfängers gemeint).
Es wäre verfehlt, von den Überlegungen, die Grignion und Konstantin der Große ausgesprochen haben, nun auf die nahe Wiederkunft Christi zu spekulieren. Maria als prägende Gestalt unserer Zeit betont nur die endzeitliche Dimension der nachchristlichen Zeit insgesamt; in einer Epoche, wo das endzeitliche Bewußtsein zurückgebildet ist.
"Eschatologische" (endzeitliche) Zeichen dienen nicht der zeitlichen Abschätzung der Weltendauer, sondern der Bereitung und Umkehr. Seit Jesus Christus hat die Endzeit - oder vielmehr die Gnadenzeit - schon begonnen. Mit Endzeit ist ja nichts anderes gemeint, als die Überlappung von bloß Zeitlichem und Ewigem. Gegenüber dem Immanentismus, der jede eschatologische Dimension der Zeit leugnet, betont Maria die Qualität der Zeit als Heilszeit (=Endzeit).
Maria erinnert uns daran, daß wir bereits mit einem Fuße in der Ewigkeit stehen und daher unsere Lebensvollzüge nun auch Konsequenzen für die Ewigkeit haben. Sind wir uns dessen bewußt, so müssen wir in unserem Leben einiges neu ausrichten, vielleicht sogar vollkommen ändern. Umkehr meint, unter dieser neuen Perspektive eine Richtungsänderung vorzunehmen (und wenn es nur wenige Grade sind, die wir uns wenden müssen), und gestärkt auf das ewige Ziel zuzugehen.
Eine wesentlicher Gedanke zum Schluß: Das alles beherrschende Motiv all der Offenbarungen ist das der unbefleckten Empfängnis, der Immaculata. Warum? Warum nicht als Jungfrau, Mutter, im Himmel Gekrönte und als Mittlerin?
Das erste Kommen Jesu konnte geschehen, da Gott die Herrschaft der Sünde im neuen Menschen, in Maria, gebrochen hatte (Rue du Bac: Maria zertritt die Schlange). Er hat für die Menschwerdung seines Sohnes eine Wohnung bereitet, die frei war von der Beeinflußung Satans. In Maria hat die neue Schöpfung begonnen.
Wollen wir uns auch aus der von der Sünde durchseuchten Welt befreien, so finden wir diesen Schutz - so wie Christus selbst - nur bei der Immaculata. Somit wird Maria zum Bild der Kirche, die Schutz und Heil gewährt, weil sie dem Zugriff Satans entzogen ist. Wir können Jesus folgen und uns so wie er unter ihr Herz begeben (uns ihrem Herzen weihen). Die Immaculata - die Kirche unter dem Herzen der Immaculata - ist der einzige Ort, in dem wir die Seligkeit finden.
Wenn Maria sich als die unbefleckte Empfängnis offenbart, so zeigt sie uns den Weg, uns von der Macht Satans zu befreien. Sie sammelt ihre Kinder, um sie zu beschützen und mit Gott zu vereinigen. Damit fügt sie den Heilmitteln der Kirche kein neues hinzu und sie schränkt die vielen Heilswege innerhalb der Kirche auch nicht ein, vielmehr offenbart sie die Kirche mit ihren Gnadenmitteln als den sicheren Weg.
Wenn in vielen Erscheinungsorten der jüngsten Zeit Maria als Heilsmittlerin, als Mittlerin aller Gnaden verehrt wird, dann ist damit ebensowenig ein Einschränkung der Heilswege gemeint (etwa in Konkurrenz zu Christus oder zur Kirche). Vielmehr bekommt das biblische Geschehen eine präsentische Dimension: Jetzt ist die Zeit der Erlösung uns genauso nahe wie zur biblischen Zeit.